„Hamburger Sindbadauken“ NDR 90,3, 9. Februar 2015 – Schatzsuche mit Menschenfresser

Ein versunkener Goldschatz, Piraten und ein Menschenfresser: An der Hamburgischen Staatsoper hatte die Kinderoper "Die Hamburger Sindbadauken" auf der kleinen Bühne Uraufführung. Das Stück von Benjamin Gordon ist nicht nur etwas für Kinder, findet NDR 90,3 Reporter Daniel Kaiser, der bei der Premiere dabei war.

Lotte, Kalle und Lilli sind auf großer Fahrt – mit dem Floß in Richtung Helgoland. Sie wollen das Gold von Rungholt finden, der sagenumwobenen Siedlung in der Nordsee, die bei einer Sturmflut im Mittelalter untergegangen ist. Dann kommen die Piraten mit Augenklappe und Stoffpapagei auf der Schulter mit klobigen Schritten, um das Floß zu kapern - und die Kleinsten im Publikum wollen erst mal auf den Schoß. Sicherheitshalber.

Bismarck-Denkmal mit eigenem Auftritt
Die spannende, rasante Inszenierung von Nicola Panzer und das abwechslungsreiche Bühnenbild von Robert Pflanz nehmen die Zuschauer mit auf eine stürmische Fahrt. Die Kostüme von Kirsten Fischer sind liebevoll bis ins Detail und bersten vor Fantasie. Sogar das große Hamburger Bismarck-Denkmal hat einen Auftritt. Kaiser "Willy" Wilhelm diskutiert mit ihm, wie man Helgoland gewinnen könnte.

Mit Ohrwurm und doppeltem Boden
Musical war gestern – die Musik der "Hamburger Sindbadauken" ist für Feinschmecker, komplex, aber bunt. Immer wieder leuchten Pop, Klassik und Jazz auf. Benjamin Gordon hat ein Werk mit Ohrwürmern, aber auch mit manchem doppelten musikalischen Boden komponiert. Während die Eltern im Publikum sich hier und da sorgen, die Musik könnte zu kompliziert für ihre Kleinen sein, zeigt sich, dass die Kinder viel unbefangener mit den immer wieder aufblitzenden zeitgenössischen Klängen umgehen können.

Das Orchester ist manchmal zu laut
Die Sängerinnern und Sänger sind einfach klasse. Sie navigieren durch musikalische Strudel und Riffe wie die Profis. Es ist bewundernswert, wie sicher (besonders prägnant und angstfrei: Maria Tilibtsev als Lilli) sie ihre Partien schmettern. Nur manchmal ist das mit viel Leidenschaft und Witz aufspielende Orchester für die jungen Stimmen wirklich einfach zu laut.
In einer traumschönen Szene sieht man die reichen Bewohner von Rungholt - ganz in Weiß - in höfischen Tänze schreiten: "Wer hat schon Angst vor der Sturmflut, vor dem blanken Hans?", höhnen sie. Währenddessen kreischen die Möwen ihre Kassandrarufe: "Nehmt euch in Acht!" Allein für diesen Wechselgesang lohnt sich die Eintrittskarte.

Ein Spaß nicht nur für Kinder – mit einer Juckpulver-Prise Homer
Die Inszenierung lebt von einem tollen Bühnenbild und gutem Gesang. Die Kinder im Publikum blicken wie hypnotisiert auf Piraten, den Goldschatz und den Riesen-Oktopus. Aber auch die Eltern haben Spaß, wenn Lotte (sehr lyrisch und schön von Jana Linh Scharenberg gesungen) den Menschenfresser (herrlich gruselig: Maximilian Klein) ausgerechnet mit einem Tofu-Braten besänftigt.
Für Bildungsbürger unter den Eltern und Großeltern im Publikum gibt es zudem eine Juckpulver-Prise griechische Mythologie: Die Sindbadauken landen nämlich wie Odysseus auf einer Insel, auf der eine Zauberin mit Namen Kirke Menschen in Tiere verwandelt. Ihre Füße riecht man schon meilenweit gegen den Wind. Erst ein Lavendelfußbad von Kalle (den Philipp Haberland klar und strahlend singt) sorgt dafür, dass sie mit ihren Zehen wieder "öffentlich und ungeniert wackeln" kann. Und das mehrstimmig. Herrlich!
"Die Hamburger Sindbadauken" sind eine aufregende musikalische Odyssee, an der man sich nicht sattsehen oder -hören kann. Die große Oper für kleine Leute ist noch bis Anfang März in der Hamburger Staatsoper zu sehen.

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